28. Juni 2022

Supervene: die neue Behandlung bei Veneninsuffizienz

Das norwegische Start-up ClexBio spannt mit CSEM zusammen, um die weltweit erste Maschine zu entwickeln, mit der mittels Tissue Engineering (Gewebezüchtung) menschliche Venen im Labor hergestellt werden können. Das gemeinsame Projekt wurde vom norwegischen Forschungsrat mit über zwei Millionen Franken gefördert. Ziel ist es, ein völlig neuartiges Venentransplantat herzu-stellen, welches das Leben von Millionen von Menschen, die an tiefer Veneninsuffizienz leiden, verbessern könnte.

ClexBio management team

Schwere chronische Veneninsuffizienz (CVI) ist eine beeinträchtigende Krankheit, von der weltweit Millionen von Menschen betroffen sind. Sie verursacht Beschwerden wie geschwollene, schmerzhafte Beine, Ödeme, Krämpfe, Krampfadern und Geschwüre. Der Grund dafür ist eine schlechte Durchblutung, die zu einem Blutstau in den Beinen führt und die Gehfähigkeit beeinträchtigt, was mit einer deutlichen Einbusse der Lebensqualität einhergeht. Zudem belasten die hohen Kosten für die Wundversorgung das Gesundheitssystem.

Derzeit gibt es noch keine effiziente Lösung. «Das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nach wie vor die Standardbehandlung bei chronischer Veneninsuffizienz, deren Wirkung hinsichtlich des Wiederauftretens von Geschwüren und der Symptomlinderung jedoch kaum signifikant ist», erklärt Dr. Antonio Rosale, Leiter der National Unit For Reconstructive Deep Venous Surgery am Universitätsspital Oslo (NOVI/OUS) und leitender klinischer Mitarbeiter von ClexBio. «Ein durch Tissue Engineering hergestelltes Venentransplantat würde Millionen von CVI-Patientinnen und -Patienten neue Perspektiven eröffnen», fügt er hinzu.

ClexBio will sein Fachwissen im Bereich der regenerativen Medizin zur Bekämpfung der eigentlichen Ursache von CVI nutzen. Das Unternehmen hat sich mit den Experten des CSEM zusammengetan, um ein automatisiertes Verfahren zur Herstellung funktioneller Venentransplantate aus menschlichem Gewebematerial zu entwickeln, die sich nach der Transplantation in den Körper integrieren und zu echtem, lebendem Gewebe werden. Zur Finanzierung dieser Forschung hat ClexBio von der norwegischen Regierung 20 Millionen norwegische Kronen (rund 2 Mio. CHF) erhalten.

Beine mit Venenproblemen

Eine biologisch abbaubare Matrix zur Herstellung von menschlichem Gewebe

Die Venen leiten das Blut aus den Organen zurück zum Herzen. Sie verfügen über kleine Klappen, die verhindern, dass das Blut aufgrund der Schwerkraft zurückfliesst. Diese komplexe Struktur lässt sich nur sehr schwer künstlich nachbilden. ClexBio verfolgt einen einzigartigen Ansatz: Das Unternehmen hat ein mikrostrukturiertes 3D-Biomaterial entwickelt, das mit menschlichen Zellen (z. B. aus einer Zellbank) kombiniert werden kann und diese dazu bringt, sich nach einem bestimmten Muster zu vermehren und echtes menschliches Gewebe zu bilden. Hat sich das gewünschte Gewebe gebildet, werden sowohl die Zellen als auch das Gerüst entfernt. Zurück bleibt ein Implantat, das aus menschlicher extrazellulärer Matrix besteht, ein durch Tissue Engineering gewonnenes Venentransplantat.

Mit diesem Verfahren hergestellte Venentransplantate lösen nach der Implantation keine Immun-reaktion aus. Sie werden vielmehr von körpereigenen Zellen der Patientin bzw. des Patienten besiedelt und verwandeln sich in funktionelles Gewebe, das sich in den Körper integriert und mit ihm wächst.

Die Herstellung dieser revolutionären Implantate erfordert ein geschlossenes biotechnologisches Produktionssystem, das automatisch arbeiten kann. Für dessen Entwicklung sind die Ingenieurinnen und Ingenieuren des CSEM zuständig, die über eine umfassende Erfahrung mit Hydrogelen, Automatisierung und physiologischen Mikrosystemen verfügen.

«Ein geschlossenen Produktionssystem verringert das Kontaminationsrisiko, trägt dazu bei, die Produktqualität und Sicherheit zu gewährleisten und erleichtert die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften», sagt Gilles Weder, Gruppenleiter im Bereich Cell-Mikrotechnologien am CSEM. Sein Kollege Vincent Revol, Leiter R&D Rfür die Life Science Technologien, fügt hinzu: «Im Bereich der regenerativen Medizin besteht eine der grössten Herausforderungen darin, den Übergang vom Labor zur klinischen Anwendung zu schaffen, weil dafür standardisierte und automatisierte Herstellungsprozesse erforderlich sind. Für die Erschliessung des unerhörten Potenzials neuartiger Zell- und Gentherapien werden neue Technologien wie diese entscheidend sein.»

«Wir sind überzeugt, dass unser Ansatz neue Wege bei der Reparatur von beschädigten Geweben und Organen aufzeigt», sagt Manuel Schweikle, CSO und Mitgründer von ClexBio. Armend Håti, CEO und ebenfalls Mitgründer von ClexBio, ergänzt: «Dank der Partnerschaft mit CSEM können wir das volle Potenzial unserer Tissue-Engineering-Technologie ausschöpfen und die Produktion von Implantaten aus menschlichem Gewebe auf sichere und skalierbare Weise beschleunigen.»

Ist dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt erfolgreich, so könnte es die weltweit erste dauerhafte Behandlung für Millionen von CVI-Patientinnen und Patienten bereitstellen.

Pressmitteilung