Photovoltaikelemente können bei dem Bau oder der Renovierung eines Gebäudes direkt verwendet werden und stellen vollwertige Baustoffe dar. Die integrierten Fassaden und Überdachungen machen die Gebäude zu Stromerzeugern und reduzieren ebenso die CO2-Emissionen. Um diese Technologie (BIPV, Building Integrated Photovoltaics) auszubauen und aufzuwerten, müssen die Akteure des europäischen Projektes Be-Smart multifunktionale Bauteile anbieten, die die isolierenden, schalldämmenden und ästhetischen Aufgaben von Baustoffen erfüllen, und zugleich Energie erzeugen. Des Weiteren werden sie eine Arbeitsmethodik für die Architekten und Baufirmen ausarbeiten und für eine massive Kostensenkung sorgen.
Perspektiven für die europäische Industrie
Be-Smart versammelt 15 Akteure rund um die EPFL und das CSEM in Neuenburg – darunter Forschungsinstitute, innovative Firmen, Architekten und Bauunternehmen –, um diese Herausforderungen zu bewältigen. «Die Verwendung von Photovoltaikelementen an den Fassaden und im Gebäude nimmt rasant zu, was insbesondere der technologischen Vorreiterrolle dieser beiden Schweizer Partner zu verdanken ist», erklärt Laure-Emmanuelle Perret-Aebi, Projektkoordinatorin im Labor für Photovoltaik und dünne elektronische Schichten (PV-Lab) der EPFL. «Der Zugang zu dieser Technologie muss jedoch erweitert werden, damit diese nicht nur bei Leuchtturmprojekten zum Einsatz kommt.» Eine beschleunigte Entwicklung von BIPV würde der europäischen Industrie durch die verstärkte Nachfrage nach Photovoltaikfassaden, -dachziegeln und weiteren photovoltaischen Bauelementen neue Perspektiven eröffnen. «Diese Technologie entscheidet sich von der Technologie der Solarzellen, welche für die Massenfertigung konzipiert wurde und deren Industrie sich inzwischen nach China verlagert hat», unterstreicht die Forscherin. «Das Industriepotenzial von BIPV liegt in Europa.»
Der energieerzeugende Aspekt ist angesichts der Leistungsfähigkeit im Bereich der Solarenergie zweifelsohne ein weiterer wichtiger Vorteil der Technologie. «Sonnenenergie weist einen 10- bis 20-mal geringeren CO2-Ausstoss als die traditionellen Wärmekraftwerke auf», erklärt Christophe Ballif, Professor an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und -technik der EPFL, Leiter des PV-Lab der EPFL sowie Direktor des PV-Zentrums bei CSEM. «In grossen Solarparks ist dies auch die Energie mit den niedrigsten Produktionskosten. Dies gilt sogar für nicht sehr sonnenreiche Länder wie Deutschland.»
Einleitung eines Mentalitätswechsels
Es ist bereits möglich, bei dem Bau oder der Renovierung von Gebäuden photovoltaische Elemente zu integrieren. In der Schweiz wurden schon mehr als 10’000 Dächer auf diese Art und Weise mit Modulen verschiedener Grössen und seit Kurzem auch in farbiger Ausführung gebaut. Dennoch ist dieses Vorgehen noch nicht sehr geläufig und stösst auf Vorbehalte. Auch wenn die Integration der Photovoltaikelemente bei der Konstruktion höhere Kosten mit sich bringt, so ist dieser zusätzliche finanzielle Aufwand nach 10 bis 30 Jahren amortisiert. Und dabei werden noch nicht einmal mögliche Subventionen, die Möglichkeit, die produzierte Elektrizität zu verkaufen, sowie die vermiedenen CO2-Emissionen berücksichtigt.
Eine für sämtliche Neubauten zu berücksichtigende Norm
Die Photovoltaiktechnologie, die im Rahmen des Projektes verwendet wird, basiert auf kristallinem Silizium, das man auf den meisten Solarzellen findet. Da eine Photovoltaikanlage für eine Verwendung als Bauelement eine Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren gewährleisten muss, ist deren Zuverlässigkeit ein zentrales Anliegen und Ziel des Projektes. Heute beträgt die Energierücklaufzeit von Solarenergie etwa ein bis drei Jahre. Damit ist die erforderliche Zeit gemeint, die die Photovoltaikanlage benötigt, um die für die Herstellung aufgewandte Energie wieder abzugeben. Glaubt man den Akteuren des Projektes, so könnte der weitverbreitete Einsatz dieser Technologie für Fassaden und Überdachungen nahezu zu einer Deckung des aktuellen Energiebedarfs der Schweiz führen. «Es gibt keine Gründe mehr, um bei Neubauten auf die Integration von Photovoltaikmodellen zu verzichten. Dies sollte zu einer Norm werden», führt Christophe Ballif abschliessend an.